Privatkonkurs in Österreich

Seit 1995 können verschuldete Privatpersonen in Österreich Konkurs beim zuständigen Bezirksgericht anmelden. Das Ziel ist es, den Betroffenen einen Neuanfang zu ermöglichen, den sie aus eigener Kraft erreichen können. Die Ursachen für Verschuldung sind vielfältig: Probleme im Umgang mit Geld, niedriges Einkommen, unerwartete Ereignisse (Unfall, Scheidung, Arbeitslosigkeit, Krankheit, Todesfall etc.), Suchtprobleme und Einkaufen mit Kreditkarte sind nur einige davon.

Zu einem Privatkonkurs kann es in Österreich nur kommen, wenn eine Privatperson tatsächlich zahlungsunfähig und nicht selbstständig ist. Zahlungsunfähigkeit bedeutet, dass die Person angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Situation ihre Schulden nicht innerhalb einer gewissen Frist abbezahlen kann. Es gibt keine „Mindestschulden“, um in Konkurs zu gehen. Ausschlaggebend ist allein das Verhältnis zwischen Schulden und finanzieller Kraft. Eine wichtige Voraussetzung für einen Privatkonkurs ist es, dass der Schuldner mit dem Existenzminimums leben kann, denn sämtliche Einkünfte, die darüber hinaus gehen, werden gepfändet. Existenzminimum bedeutet, dass der Schuldner seine „überlebenswichtigen“ Kosten (insbesondere Wohnkosten, Lebensmittelkosten und Kosten für Kleidung und notwendige medizinische Versorgung) decken kann, jedoch bleibt kein Geld für Luxusgüter, Freizeitausgaben oder ähnliches. In Österreich hängt das Existenzminimum immer vom Einkommen ab.

Bevor Privatkonkurs angemeldet wird, gibt es zunächst die Möglichkeit eines sogenannten außergerichtlichen Ausgleichs. Hierbei wird versucht, eine Lösung zu finden, mit der alle betroffenen Parteien (Schuldner und Gläubiger) einverstanden sind. Üblicherweise kommt es dabei zu einer einmaligen Zahlung oder einer Ratenzahlung innerhalb der folgenden Jahre, wobei die Restschulden nach Abschluss der vereinbarten Zahlungen erlassen werden. Unerlässlich für das Zustandekommen dieses Lösungsmodells ist, dass alle Gläubiger in die außergerichtliche Vereinbarung eingebunden werden und zustimmen. Mit eingeschlossen in den Ausgleich sind auch Bürgen und Mitschuldner, sofern gegen diese bis dahin noch keine Klage erhoben wurde. Unbedingt sollte eine solche Einigung schriftlich festgehalten werden. Dieses Schriftprotokoll sollte die Gesamtschulden, eine Liste aller Forderungen samt Rechnungsnummern und Kontodaten, Höhe und Fälligkeit der Raten, eine Einstellungserklärung für Exekutionen und eine Verzichterklärung der Gläubiger über die restlichen Schulden enthalten. Ein Vorteil dieses Weges ist, dass keine Verfahrenskosten zu zahlen sind. Ein Nachteil für die Gläubiger ist, dass sie hierbei auf einen Teil ihres Geldes verzichten müssen. Da es in vielen Fällen jedoch ohnehin aussichtslos erscheint, dass der Schuldner den Forderungen jemals vollständig nachkommen kann, lassen sich Gläubiger oft auf dieses Modell ein.

Kommt es zu keiner außergerichtlichen Einigung, kann beim zuständigen Bezirksgericht Privatkonkurs angemeldet werden. Dies kann sowohl vom Schuldner selbst als auch von einem Gläubiger ausgehen. Der Antrag muss in den ersten zwei Monaten (innerhalb von 60 Tagen) nach Beginn der Zahlungsunfähigkeit gestellt werden. Mit der Konkurseröffnung gehen einige Konsequenzen einher:

  • Der Privatkonkurses muss unter der Internetadresse www.edikte.justiz.gv.at veröffentlicht werden. Dieses Verzeichnis beinhaltet alle wichtigen Daten über den Schuldner (Name, Adresse, Geburtsdatum, Beruf, jegliche Gerichtstermine, Pläne und Entscheidungen bezüglich des Konkurses) und ist für die Öffentlichkeit einsehbar.
  • Es wird eine Kontosperre durch die Bank veranlasst, welche nur über einen gerichtlichen Beschluss wieder aufgehoben werden kann. Dadurch wird das aktuelle Vermögen gesichert, sodass die Situation bewertet und abhängig davon Entscheidungen getroffen werden können.
  • Der Schuldner verfügt nur noch über unpfändbare Teile seiner Eingänge (nicht pfändbar ist zum Beispiel die Familienbeihilfe), das bedeutet, dass er am Existenzminimum leben muss.
  • Eine Vermögensverwertung wird durchgeführt. Damit wird festgestellt, wie liquide der Schuldner im Moment ist und voraussichtlich sein wird.
  • Es kommt zu einem teilweisen Verbot von Rechtsgeschäften durch den Schuldner, insbesondere ist dies der Fall bei größeren Einkäufen (Autokauf, Abschluss von Zusatzversicherungen usw.)
  • Ein Zinsenstopp von Seiten der Gläubiger wird unverzüglich veranlasst, damit die Schulden nicht weiter wachsen.
  • Weiters kommt es zum Stopp gerichtlicher Pfändungen und Exekutionen, hierbei gibt es allerdings Ausnahmen (Unterhalt und Alimente müssen beispielsweise immer bezahlt werden).
  • In manchen Fällen wird ein Insolvenzverwalter konsultiert (hiermit wird gleichzeitig eine Postsperre verhängt); dies geschieht aber in der Regel nur, wenn das Vermögen und die Schulden nicht überschaubar sind, es kein vernünftiges Vermögensverzeichnis gibt, die Zahl der Gläubiger zu groß ist oder aus anderen Gründen Nachteile für die Gläubiger zu erwarten sind. Ein Insolvenzverwalter ist üblicherweise ein Anwalt. Der Nachteil ist, dass es hier zu weiteren Kosten für den Schuldner kommt.

Mit der Konkurseröffnung beginnt das Konkursverfahren, in Österreich auch Schuldenregulierungsverfahren genannt, in welchem die sogenannte Konkursmasse, also das Vermögen und die pfändbaren Einkommensteile, gesichert und verwertet wird. Der Schuldner muss ein detailliertes Vermögensverzeichnis erstellen und unterschreiben. In diesem muss er sein Einkommen und andere Einkünfte (zum Beispiel Beihilfen), seine laufenden Kosten und Verpflichtungen, sein Vermögen und seine Schulden inklusive Gläubigerverzeichnis genauestens protokollieren. Ein Gerichtsvollzieher dokumentiert außerdem alle pfändbaren Gegenstände, die sich im Besitz des Schuldners befinden. Weiters wird bei erwerbstätigen Schuldnern deren Arbeitgeber darauf hingewiesen, fortan die pfändbaren Einkommensteile auf ein Gerichtskonto zu überweisen. Die oben genannten Einschränkungen des Schuldners gelten nur während des Konkursverfahrens, das heißt nur wenige Monate, jedoch nicht über den gesamten Zahlungszeitraum.

Abhängig von der Konkursmasse und der Gesamtsituation wird einer von drei möglichen Verfahrensabläufen eingeleitet. Darüber wird in der sogenannten Tagsatzung entschieden. Dieser Termin findet vor Gericht zwei bis drei Monate nach der Antragsstellung statt. Der Schuldner muss hierbei persönlich anwesend sein, ansonsten gilt der Antrag als zurückgezogen. Die drei möglichen Modelle sind: der Sanierungsplan, der Zahlungsplan und das Abschöpfungsverfahren.

Beim Sanierungsplan müssen mindestens 20% der Schulden innerhalb von längstens fünf Jahren getilgt werden. Hierbei muss die Mehrheit aller Gläubiger – sowohl Kopf- als auch Summenmehrheit – einverstanden sein. Unter Kopfmehrheit versteht man die zahlenmäßige Mehrheit der Gläubiger (Beispiel: bei insgesamt fünf Gläubigern müssen mindestens drei zustimmen, um die Kopfmehrheit zu erreichen). Die Summenmehrheit beschreibt die Mehrheit der Schulden (Beispiel: stimmen zwar drei von fünf Gläubigern zu, sind deren Forderungen aber insgesamt niedriger als die Forderungen der anderen beiden Gläubiger, so ist die Summenmehrheit nicht erfüllt). Der Vorteil dieser Option ist, dass ein Teil des vorhandenen Vermögens erhalten bleibt.

Beim Zahlungsplan müssen das Vermögen vollständig aufgebraucht sein und der Schuldner ein Zahlungsplanangebot machen, dessen Quote seiner Einkommenssituation in den nächsten fünf Jahren entspricht. Diese Quote sollte so hoch wie möglich sein, aber sie muss auch so gewählt werden, dass sie ein Leben am Existenzminimum erlaubt. Auch hier gilt eine Frist von höchstens sieben Jahren. Ein Zahlungsplanangebot muss nicht gestellt werden, wenn kein oder nur ein sehr geringer Teil des Einkommens pfändbar ist. In einem solchen Fall tritt sofort ein Abschöpfungsverfahren in Kraft. Zahlt der Schuldner die gewählten Beträge über den gesamten Zeitraum fristgerecht ein, so werden ihm die Restschulden nach Ablauf des Zahlungsplans erlassen. Jedoch sind Mitschuldner oder Bürgen hier nicht eingebunden, diese sind also weiterhin verpflichtet, ihren Zahlungen nachzukommen.
Ein Zahlungsplan kann nur zustande kommen, wenn in den zehn Jahren davor kein Abschöpfungsverfahren in Kraft getreten ist und wenn die Mehrheit der Gläubiger (wieder sowohl Kopf- als auch Summenmehrheit) zustimmt. Der Zahlungsplan kann geändert werden, falls sich die finanzielle Lage des Schuldners während der Laufzeit unverschuldet stark verschlechtert. Dabei muss ebenfalls die Mehrheit der Gläubiger einverstanden sein. Ist dies nicht der Fall, so wird automatisch in ein Abschöpfungsverfahren gewechselt.

Ein Abschöpfungsverfahren wird dann vom Gericht eingeleitet, wenn die Gläubiger weder mit einem Sanierungsplan noch mit einem Zahlungsplan einverstanden sind oder wenn sich die finanzielle Situation des Schuldners derart verschlechtert, dass einem Zahlungsplan nicht mehr nachgekommen werden kann. Dieses Modell dauert fünf Jahre und der pfändbare Teil des Einkommens muss an einen Treuhänder weitergegeben werden, der diese Beträge an die Gläubiger verteilt. Dieses Verfahren kommt nur zustande, wenn der Schuldner noch nicht wegen betrügerischer Krida (Vortäuschen falscher Vermögenstatsachen zum eigenen Vorteil, zum Beispiel Verheimlichen, Beiseiteschaffen, Veräußern oder Zerstören von Vermögen oder Vortäuschen von nicht vorhandenen Zahlungspflichten), Gläubigerbegünstigung (alle Gläubiger müssen gleichermaßen behandelt und bezahlt werden) oder Vollstreckungsvereitelung verurteilt wurde und die Strafe noch aufrecht ist. Er darf in den drei Jahren davor kein Vermögen mutwillig verschleudert, in den vergangenen zwanzig Jahren kein Abschöpfungsverfahren gehabt haben. Ist allerdings ein Abschöpfungsverfahren an der bisherigen Mindestquote von 10% gescheitert, so kann der Schuldner sofort einen Antrag für ein erneutes Abschöpfungsverfahren stellen.
Während der fünf Jahre hat der Schuldner einige Pflichten zu erfüllen:

  • Es dürfen keine neuen Schulden angehäuft werden, dazu zählt auch die Aufnahme eines Kredits.
  • Schenkungen und Erbschaften müssen unverzüglich gemeldet und abgegeben werden.
  • Er hat eine Auskunfts- und Mitwirkungspflicht im Verfahren, er muss also bestmöglich mit dem Gericht und den Gläubigern kooperieren.
  • Er muss sich um einen angemessenen Arbeitsplatz bemühen und bereit sein, jeder zumutbaren Tätigkeit nachzukommen, um so gut wie möglich zu verdienen.
  • Er muss den Treuhänder unverzüglich über einen Job- oder einen Wohnungswechsel informieren.

Erfüllt der Schuldner die Obliegenheiten, so werden jegliche Restschulden erlassen.
Hält der Schuldner die oben genannten Punkte nicht ein, können die Gläubiger den Abbruch des Verfahrens beantragen. In diesem Fall erlöschen sämtliche Übereinkommen, die ursprünglichen Forderungen sind wieder aufrecht und es kann auch wieder gepfändet werden. Zudem kann frühestens in zehn Jahren ein erneutes Abschöpfungsverfahren beantragt werden, sofern die Gläubiger zustimmen. Tun sie das nicht, ist eine weitere Beantragung erst in frühestens zwanzig Jahren möglich. Außerdem kann in den nächsten zehn Jahren auch kein Zahlungsplanverfahren eingeleitet werden. Es wird also dringend empfohlen, hier bestmöglich zu kooperieren.

Wichtig zu wissen: Es gibt Schulden, die immer zu 100% bezahlt werden müssen. Dazu zählen: Alimente, Miete, Gerichtskosten, Unterhalt, Strafen,… Hier können also keine Abstriche gemacht werden.

Privatkonkurs kann sowohl von erwerbstätigen als auch von arbeitslosen Schuldnern beantragt werden. Wichtig ist, dass der Lebensunterhalt und die Beträge für die Gläubiger gezahlt werden können. Dabei muss die Rückzahlungsquote so hoch wie möglich gewählt werden. Mit dem Konkurs verpflichtet sich der Schuldner überdies, jede zumutbare Arbeit anzunehmen, um möglichst viel Geld zu verdienen.

Ein Privatkonkurs gilt immer nur für die Person, die den Antrag gestellt hat. Mitschuldner oder Bürgen bleiben davon unberührt und müssen nach wie vor ihren Zahlungen nachkommen. Ein Hauptschuldner kann von Bürgen oder Mitschuldnern auch nach Ablauf des Konkurses nicht zu Rückzahlungen verpflichtet werden. Wohl aber können diese ihre Forderungen in einem laufenden Konkursverfahren anmelden. Werden sie im Laufe des Verfahrens selbst zahlungsunfähig, müssen auch sie einen eigenen Konkursantrag stellen. Auch Ehegatten bleiben vom Konkurs des Partners unangetastet – der Gatte/die Gattin muss selbst Konkurs anmelden. Das heißt, es kommt hierbei zu zwei voneinander unabhängigen Verfahren.

Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts ist nicht notwendig, jedoch kann es für den Schuldner hilfreich sein, eine fachlich kompetente Person an seiner Seite zu haben. Dies kann auch ein Steuerberater sein.

Nach einem erfolgreich abgeschlossenen Konkurs ist es für den Schuldner in Zukunft schwieriger, einen Kredit aufzunehmen, da die Banken hier das Risiko einer nochmaligen Zahlungsunfähigkeit sehen. Es ist aber nicht ausgeschlossen und liegt im Ermessen des jeweiligen Bankinstituts.

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