Ausschreibungen der Europäischen Union

Unter einer Ausschreibung wird eine Möglichkeit der Geschäftsanbahnung verstanden – ein Kunde macht in diesem Sinne seine Leistungen zu den gewünschten Bedingungen öffentlicqh publik. Der öffentliche Sektor ist meist gesetzlich verpflichtet. Es gibt jedoch auch gewerbliche und private Kunden, die durch eine Ausschreibung ihre Kosten minimieren wollen. Die Durchführungen unterliegen in der Regel gesetzlichen Bestimmungen.

Ausschreibungen ab den Schwellenwerten und unterhalb der Schwellenwerte

Bei öffentlichen Auftraggebern sind die Regeln für Ausschreibungsverfahren in den „Bereich ab den sogenannten Schwellenwerten“ und in den „Bereich unterhalb der Schwellenwerte“ unterteilt.

  • Ausschreibungen ab den Schwellenwerten: Es gelten die Regeln des „Government Procurement Agreement“ (GPA). Diese „Regierungsbeschaffungsvereinbarung“ ist eine Vereinbarung der Europäischen Union und weiterer 14 Mitglieder der Welthandelsorganisation (Armenien, Kanada, Hong-Kong-China, Island, Israel, Japan, Korea, Liechtenstein, Aruba, Norwegen, Singapur, Schweiz, Taiwan, USA), welche die diskriminierungsfreie, transparente und rechtsstaatliche Vergabe von öffentlichen Aufträgen gewährleisten soll. Die Auftragshöhe betrifft die sogenannten Schwellenwerte, die in „Special Drawing Rights” (SDR) bzw. Sonderziehungsrechten (SZR) festgeschrieben sind. Die Europäische Union hat im Rahmen ihrer Verpflichtung nach dieser Vereinbarung zur Vereinheitlichung der Vergabeverfahren in ihrem Geltungsbereich Richtlinien an die Mitgliedsstaaten der EU erlassen, wobei die Nationalstaaten ihre Vergabeverfahren diesen Regeln anpassen müssen. Bieter aus allen GPA-Staaten dürfen sich an den Ausschreibungsverfahren beteiligen – ihre Angebote müssen frei von Diskriminierungen gewertet werden.
  • Bei Ausschreibungsverfahren unterhalb der Schwellenwerte: Es gilt nur das jeweilige nationale Recht. Es dürfen sich Bieter aus dem gesamten „Europäischen Wirtschaftsraum“ (EWR) daran beteiligen. Neben den Mitgliedsländern der EU sind auch Island, Norwegen und Liechtenstein eingebunden. Bei Aufträgen unterhalb der Schwellenwerte für freiberufliche Leistungen gelten die entsprechenden Honorarordnungen – beispielsweise die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure. Die In-House-Vergabe bzw. das In-House-Geschäft unterliegen jedoch nicht der Ausschreibungspflicht. Personen und Unternehmen, die im Korruptionsregister aufgenommen sind, können von der Ausschreibung ausgeschlossen werden.

Gleiche Ausgangsbedingungen für alle Unternehmen in ganz Europa schaffen

Jedes Jahr geben mehr als 250.000 öffentliche Stellen in der EU etwa 18 % des BIP für den Erwerb von Dienstleistungen, Bauarbeiten und Lieferungen aus. Unternehmen mit Sitz in der EU haben das Recht, sich am Wettbewerb um öffentliche Aufträge in anderen EU-Ländern zu beteiligen. Es geht darum, gleiche Ausgangsbedingungen für alle Unternehmen in ganz Europa zu schaffen. Im EU-Recht sind einheitliche Mindestvorschriften festgelegt. Diese Vorschriften werden in einzelstaatliches Recht umgesetzt und gelten für Ausschreibungen, deren Auftragswert einen bestimmten Betrag überschreitet (Schwellenwerte). Ausschreibungen, die den Schwellenwert übersteigen, sind von grenzübergreifendem Interesse: Hinsichtlich des Auftragsvolumens lohnt es sich für Unternehmen demnach, die Abgabe eines Angebots im Ausland zu arrangieren. In punkto Behörden gilt bei sämtlichen Ausschreibungen:

  • Es darf keine Diskriminierung von Unternehmen aufgrund ihrer Eintragung in einem anderen EU-Mitgliedstaat geben.
  • Bei der Beschreibung der gewünschten Produkte oder Dienstleistungen darf keine Bezugnahme auf bestimmte Marken, Warenzeichen und Patente erfolgen.
  • In einem anderen EU-Land erstellte Unterlagen (z.B. Bescheinigungen, Diplome usw.), die eine gleichwertige Sicherheit bieten, müssen akzeptiert werden.
  • Alle Informationen zu Ausschreibungen müssen allen interessierten Unternehmen unabhängig vom EU-Land ihrer Eintragung zugänglich sein.

Vorschriften zur Veröffentlichung

Es gilt, dass bestimmte Bekanntmachungen für alle öffentlichen Ausschreibungen, deren Volumen die Schwellenwerte übersteigt und für die EU-weite Regeln bestehen, veröffentlicht werden müssen. In Bezug auf die Auftragsbekanntmachung oder Bekanntmachung eines Wettbewerbs kann die Behörde die Bekanntmachung auf nationaler Ebene veröffentlichen. Sie sollte aber auch dem Amt für Veröffentlichungen der EU zugeleitet werden. Die Bekanntmachung erfolgt in vollem Umfang in einer Amtssprache der EU. Eine Zusammenfassung wird in andere Sprachen übersetzt. Des Weiteren wird die Zuschlagsbekanntmachung zur Bekanntgabe der Ausschreibungsergebnisse veröffentlicht. Die Transparenz spielt eine maßgebliche Rolle. Behörden dürfen erst nach Ablauf der Einreichungsfrist mit der Bewertung der Angebote beginnen. Wer ein Angebot eingereicht hat, muss so bald wie möglich erfahren, ob der Zuschlag erteilt wurde. Es besteht jedoch auch das Recht auf eine ausführliche Begründung der Ablehnung eines Angebots. Hinsichtlich der ausgetauschten Daten muss natürlich strengste Vertraulichkeit gewahrt werden.

Offene und nicht offene Verfahren

Es wird zwischen offenen und nicht offenen Verfahren unterschieden:

  • Offenes Verfahren: Jedes beliebige Unternehmen kann ein Angebot einreichen. Die Mindestfrist für die Einreichung von Angeboten beträgt 52 Tage – ab dem Tag der Veröffentlichung der Bekanntmachung. Fand die Veröffentlichung einer Vorabinformation statt, so kann diese Frist auf 36 Tage verkürzt werden.
  • Nicht offenes Verfahren: Jedes Unternehmen kann die Teilnahme beantragen. Es werden aber lediglich Unternehmen zur Abgabe eines Angebots aufgefordert, die in die engere Wahl kommen. Die Frist für das Beantragen der Beteiligung beträgt 37 Tage ab dem Tag der Veröffentlichung der Bekanntmachung. Von Seiten der Behörde findet eine Wahl statt, wobei mindestens fünf Bewerber in Erscheinung treten, die über die erforderlichen Fähigkeiten verfügen. Diese haben dann ab Versendung der Aufforderung 40 Tage Zeit, um ein Angebot einzureichen. Diese Frist kann auf 36 Tage verkürzt werden, falls eine Vorabinformation veröffentlicht wurde.

Datenbanken und Hilfsmittel bei Ausschreibungen

Auf EU-Ebene gibt es eine Reihe von Diensten, die bei Ausschreibungen behilflich sein können.

  • TED: Tenders Electronic Daily ist die Online-Version des „Supplements zum Amtsblatt der Europäischen Union“. Hier werden Ausschreibungen nach EU-Rechtsvorschriften veröffentlicht. TED bietet Interessierten freien Zugang zu Geschäftsmöglichkeiten und wird fünf Mal pro Woche mit 1500 öffentlichen Ausschreibungen aktualisiert.
  • Datenbanken über das öffentliche Auftragswesen der EU-Länder: Auf SIMAP, den Webseiten der EU über das öffentliche Auftragswesen, können alle nationalen Datenbanken für das öffentliche Auftragswesen eingesehen werden.
  • Gemeinsames Vokabular für öffentliche Aufträge – CPV-Nomenklatur: In der TED-Datenbank beziehen sich die Ausschreibungen auf bestimmte Zifferncodes. Diese Codes stehen für die CPV-Nomenklatur, die sich aus zwei Teilen zusammensetzt. Im Hauptteil bezeichnen 8-Ziffern-Codes den Auftragsgegenstand. Im Zusatzteil kann die Beschreibung des Auftragsgegenstands ergänzt werden.
  • eCertis: Diese Online-Dokumentensuchmaschine ermöglicht es, Zertifikate und Nachweise zu ermitteln, die bei Ausschreibungen in den 28 EU-Ländern sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und der Türkei häufig beansprucht werden.

 

Artikel bewerten!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert