Kündigungsschutz für Eltern in Karenz, begünstigte Behinderte, Lehrlinge oder älteren Arbeitnehmer

Kündigungen des Arbeitsverhältnisses sind in der Wirtschaft Gang und Gebe. Mal sind es Umstrukturierungen, mal Rationalisierungen und in wieder anderen Fällen schlichte Unzufriedenheit mit dem Arbeitgeber oder dem Arbeitsplatz. Doch bestimmte Personengruppen sind in Österreich vom allgemeinen Kündigungsrecht ausgenommen und durch das besondere Kündigungsrecht geschützt.

Grundlagen des Kündigungsschutzes

Generell gilt in Österreich, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung beendet werden darf. Dieses Recht gilt sowohl für den Arbeitnehmer als auch den Arbeitgeber und bedarf ausdrücklich keines bestimmten Grundes. In diesem Zusammenhang sprechen Juristen auch vom Prinzip der Kündigungsfreiheit.

Eingegrenzt ist dieses Recht vor allem auf Seiten der Arbeitgeber, denn vor dem Ausspruch der Kündigung muss der Betriebsrat informiert werden. Zudem müssen beide Seiten die Einhaltung einer Kündigungsfrist wahren, die vertraglich unter Beachtung des Angestelltengesetzes gewählt werden darf. Für gewerbliche Arbeiter gilt dabei, dass die Kündigungsfrist lediglich 14 Tage beträgt. Herkömmliche Arbeitnehmer sind hier deutlich besser gestellt, oft sind Fristen von bis zu 3 Monaten üblich. Details zur Arbeitnehmerkündigung finden Sie in unseren separaten Artikel.

Besonderer Kündigungsschutz: Die Ausnahme von der Regel

Doch der österreichische Gesetzgeber sieht einige Ausnahmen von der vorgestellten Regel vor. Es gibt einige Arbeitnehmer, die besonders vor der Kündigung geschützt werden sollen. Hierzu zählen:

  • Werdende Mütter sowie Mütter und Väter in Karenz bzw. in Teilzeitbeschäftigung aus Anlass der Geburt in Anspruch nehmen. (Umgangssprachlich „Elternzeit“)
  • Der komplette Betriebsrat ist praktisch unkündbar. Hierzu zählen auch Personen in vergleichbaren Positionen wie etwa Behindertenvertrauenspersonen.
  • Begünstige Behinderte und Opferbefürsorgte.
  • Präsenz- und Zivildienstpflichtige sowie Frauen im Ausbildungsdienst haben das Recht auf einen besonderen Kündigungsschutz.
  • Hausbesorger nach dem Hausbesorgergesetz.

Warum dieser spezielle Kündigungsschutz? Generell stehen hierbei soziale Erwägungen im Vordergrund. Beispielsweise ist der Verlust des Arbeitsplatzes für eine werdende Mutter deutlich einschneidender, als für andere Arbeitnehmer. Doch auch aufgrund eines gewissen wirtschaftlichen Kalküls werden die angesprochenen Personengruppen geschützt. Dies gilt vor allem für den Betriebsrat, der ohne besonderen Kündigungsschutz praktisch nicht als Gegengewicht zur Unternehmensleitung fungieren könnte.

Kündigungsschutz von werdenden Müttern und Eltern in der Karenzzeit

Eine der wichtigsten Sonderregelungen zum Kündigungsschutz betrifft werdende Mütter und Eltern, die sich während der Elternzeit um ihre Kinder kümmern. Sie können generell nicht einfach gekündigt werden, sondern nur dann, wenn einer der folgenden drei Gründe vorliegt:

  1. Das Unternehmen muss einige Abteilungen des Betriebs oder sogar den kompletten Betrieb stilllegen, weil sonst keine Aufrechterhaltung des Konzerns möglich ist. Umgangssprachlich ist in diesem Fall auch von betriebsbedingten Kündigungen die Rede.
  2. Wenn sich der Betroffene mit der Kündigung einverstanden erklärt, ist diese ebenfalls rechtskräftig. Allerdings bedarf es dazu einer Streitverhandlung, in der eine Rechtsbelehrung des Arbeitnehmers erfolgt.
  3. Eine Klage für die Kündigung nach Vollendung des 1. Lebensjahres des Kindes wegen personenbedingter oder betrieblicher Gründe eingebracht wird.

Möchte der Arbeitgeber aus einem dieser Gründe eine Kündigung durchführen, so gibt es ein weitgehend einheitliches Schema hierfür. Zunächst muss eine Klage auf Zustimmung der Kündigung beim jeweils örtlich zuständigen Landesgericht als Arbeitsgericht eingereicht werden. Sollte das Gericht dieser zustimmen, darf die Kündigung direkt ausgesprochen werden. Allerdings haben Arbeitnehmer das Recht, eine Berufung innerhalb einer 4-wöchigen Frist vorzulegen.

Wichtig: Die Verfahrenskosten der ersten und möglichen zweiten Instanz werden auf beide Arbeitsvertragsparteien aufgeteilt. Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens müssen also sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber jeweils ihre Anwaltskosten und mögliche Gerichtsgebühren selbst zahlen.

Kündigungsschutz bei begünstigt Behinderten

Die zweite große Gruppe von Arbeitnehmern, die durch den besonderen Kündigungsschutz geschützt werden sollen, sind begünstigt Behinderte. Dieser Fall liegt vor, wenn eine um mindestens 50 Prozent geminderte Erwerbsfähigkeit gegeben und durch das Bundessozialamt ausgewiesen ist. Sofern diese Anforderungen erfüllt sind, darf der Arbeitgeber nur nach folgendem Schema eine Kündigung aussprechen:

  1. Ein Arbeitgeber spricht den Wunsch aus, den begünstigt Behinderten zu kündigen und reicht diesen an den Behindertenausschuss weiter.
  2. Der Behindertenausschuss hört den Betriebsrat, die Personalvertretung oder die Behindertenvertrauensperson zum Fall an.
  3. Die angehörten Ausschüsse bzw. Personen stimmen der Kündigung zu.
  4. Erst jetzt kann eine Kündigung ausgesprochen und an den Arbeitnehmer übermittelt werden.

Dabei sind diese Fälle in der Praxis recht selten. Eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses ist für den Arbeitgeber in der Regel nur dann unzumutbar, wenn der Tätigkeitsbereich des begünstigt Behinderten entfällt. Selbst dann muss der Arbeitgeber aber nachweisen, dass eine Weiterbeschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz ohne erheblichen Schaden nicht möglich ist.

Weiter kann eine Kündigung wirksam werden, wenn der begünstigt Behinderte seiner Arbeit nicht mehr nachkommen kann. Jedoch gilt dies nicht, sofern eine baldige Verbesserung der Situation – etwa durch Therapiemaßnahmen – als sicher gilt. Als dritter Grund für eine Kündigung kann eine bewusste Pflichtverletzung des begünstigt Behinderten angegeben werden.

Sollte der Behindertenausschuss der Kündigung zustimmen, kann der begünstigt Behinderte stets in Berufung gehen. Zuständig ist die nächste Berufungskommission, die per Bescheid über den Fall entscheidet. Zusätzlich kann noch beim Verwaltungsgerichtshof eine Beschwerde eingereicht werden.

Was ist mit Lehrlingen und Arbeitnehmern ab 50?

Bisher wurden Lehrlinge und ältere Arbeitnehmer nicht aufgeführt. Der Grund: Sie unterliegen keinem besonderen Kündigungsschutz, dafür aber einem sogenannten speziellen Kündigungsschutz. Zunächst sei der Fall der Lehrlinge betrachtet.

Lehrling nur in Ausnahmen zu kündigen

Der Lehrvertrag stellt grundsätzlich ein befristetes Arbeitsverhältnis dar, das von beiden Parteien nur in Sonderfällen gekündigt werden kann. Ausnahme: Zu Beginn wird meist eine Probezeit von 3 Monaten vereinbart, in der Kündigungen ohne Grund möglich sind. Darüber hinaus sieht der Gesetzgeber folgende Kündigungsmöglichkeiten für Arbeitgeber vor:

  • Strafbare Handlungen, die Vertrauensunwürdigkeit bewirken (Bsp.: Diebstahl im eigenen Unternehmen)
  • Beleidigungen oder Bedrohungen des Lehrberechtigten
  • Beharrliche Vernachlässigung von Pflichten trotz wiederholter Ermahnung
  • Unbefugtes Verlassen des Lehrplatzes
  • Unfähigkeit, den Lehrberuf zu erlernen
  • Erhebliche Pflichtverletzung während der Ausbildung in einem Ausbildungsbund
  • Abträglicher Nebenerwerb

Weniger juristisch ausgedrückt, muss sich der Lehrling also unverzeihliche Dinge zu Schulden kommen lassen, damit eine Kündigung vollzogen werden kann. Bei der Kündigung selbst gilt, dass diese schriftlich an den Lehrling zu übermitteln ist. Sollte dieser noch Minderjährig sein, geht das Schreiben an die Eltern.

Wichtig: Ist die vorzeitige Auflösung nach Auffassung eines Arbeitsgerichts unbegründet, so kann der Lehrling entweder eine Kündigungsentschädigung oder die Fortbeschäftigung einklagen.

Älterer Arbeitnehmer oft bessergestellt

Ebenfalls schwierig ist es, ältere Arbeitnehmer zu kündigen. Denn bei der Kündigung älterer Arbeitnehmer sind laut Gesetzgeber die lange Beschäftigungszeit, die zu erwartende lange Arbeitslosigkeit sowie Einkommensverluste besonders zu berücksichtigen. Ansonsten droht schnell eine Klage wegen Sozialunwidrigkeit der Kündigung.

Zudem ist das bloße Alter des Arbeitnehmers ausdrücklich kein Kündigungsgrund. Nur wenn das höhere Lebensalter einen „erheblichen“ negativen Einfluss auf betriebliche Interessen hat, ist dies möglich. So sollen Unternehmen dazu angeregt werden, ältere Arbeitnehmer in anderen Abteilungen einzusetzen oder umzuschulen, statt direkt Kündigungen auszusprechen.

Wichtig: Wer ausschließlich aufgrund seines Alters gekündigt wird, kann die Kündigung anfechten und den Arbeitgeber entsprechend schadensersatzfähig machen. Dies gilt ausdrücklich auch für leitende Angestellte. Allerdings muss im Verfahren dann glaubhaft dargelegt werden, inwiefern eine Diskriminierung vorliegt. Dazu reicht es aber aus, auf ansonsten tadelloses Arbeitsverhalten und konstant hohe Leistung hinzuweisen.

Was tun, wenn ungerechtfertigt gekündigt wurde?

Immer wieder kommt es vor, dass Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen, obwohl der Arbeitnehmer vom besonderen Kündigungsschutz betroffen ist. In diesem Fall ist es ratsam, möglichst zeitnah einen Anwalt aufzusuchen. Zwar kostet dieser schnell einige hundert Euro, er wahrt jedoch alle notwendigen Fristen, nimmt Kontakt mit dem Unternehmen auf und leitet im Notfall eine Klage bzw. einen Widerspruch gegen ein bereits gefälltes Urteil ein.

Oftmals lässt sich eine Kündigung schon dadurch rückgängig machen, dass das Unternehmen einen Brief vom Rechtsanwalt erhält. Teils versuchen die Konzerne anschließend, eine außergerichtliche Einigung zu erwirken. Wer ohnehin seinen Job wechseln möchte, sollte sich das Angebot definitiv anhören. Denn weil das Unternehmen keine Möglichkeit zur Kündigung hat, befindet sich der Arbeitnehmer in einer äußerst guten Verhandlungsposition.

Fazit: Besonderer Kündigungsschutz für Teil der Gesellschaft

Grundsätzlich sieht das österreichische Arbeitsrecht vor, dass alle Arbeitsverträge unter Einbehaltung einer Frist gekündigt werden können. Doch der sogenannte besondere Kündigungsschutz grenzt dieses Recht ein. Insbesondere geschützt werden sollen hierdurch Betriebsräte, werdende Mütter, Eltern in der Karenzzeit und begünstigte Behinderte. Ebenfalls geschützt werden ältere Arbeitnehmer und Lehrlinge, für die jedoch nicht der besondere Kündigungsschutz gilt. Vielmehr existieren für diese Fälle spezifische Regeln des herkömmlichen Kündigungsschutzes.

Artikel bewerten!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert